Wohnungsnot und bezahlbarer Wohnraum: Mit Andi Stoch im Erich-Reisch-Haus in Lörrach

Am vergangenen Montag war Andi Stoch (SPD-Landesvorsitzender, Fraktionsvorsitzender im Landtag und Spitzenkandidat) bei uns im Landkreis Lörrach und haben mit ihm zu den Themen Wohnraum und Wohnungsnot das Erich-Reisch-Haus in Lörrach besucht. Dort können wohnungslose und von Wohnungsnot bedrohte Menschen Hilfsangebote erhalten können. Auch in der Pandemie und bei niedrigen Temperaturen sind diese Einrichtungen unentbehrlich.

Mangelnder Wohnraum in Deutschland:

Die Themen Wohnraum und Wohnungsnot waren schon vor der Pandemie in Deutschland und auch hier in der Region ein sehr brisantes Thema. Wohnraum wird immer knapper und immer weniger bezahlbar. Parteien, allen voran die SPD, werben schon lange für mehr bezahlbaren Wohnraum. Doch nun mit der Pandemie scheint gerade über dieses Thema etwas wie eine Corona-Decke zu liegen. Die einen fordern ein, dass es wichtigere Themen gebe. Die anderen, häufig selbst vom Mangel an Wohnraum Betroffene, wollen die Problematik nicht “auf eine Zeit nach Corona” verschieben.

Baden-Württemberg ist neben allen anderen Bundesländern das teuerste, wenn es um den Wohnungsmarkt geht. Vor Ort im Erich-Reisch-Haus sind wir mit von Wohnungsnot betroffenen Menschen ins Gespräch gekommen sind, Sie haben uns vor Augen geführt, wie schnell eine Reihe persönlicher Schicksalsschläge, ein niedriger Lohn und die gesellschaftliche Stigmatisierung von Wohnungslosigkeit erschweren die Wohnungssuche für die Menschen, die wir getroffen haben.

Eine Frau im Erich-Reisch-Haus berichtet über Wohnungsnot:

Eine Frau rechnete uns vor, wie akut das Problem ist. Eine Faustregel sagt, dass die Kaltmiete einer Wohnung nicht höher als 30 Prozent des Nettoeinkommens eines Mieters sein sollte. Sonst droht, dass das restliche Geld nicht für die sonstigen Ausgaben zur Lebensführung reicht. Vollzeitbeschäftigte, die ab den Mindestlohn von (ab 2021) 9,50 € erhalten, haben nun pro Monat Netto jedoch ungefähr zwischen 1100 und 1300 Euro übrig. “Ich musste aus meiner Wohnung raus, weil mein Vermieter mir wegen Eigenbedarf kündigte. Wovon soll ich denn leben, wenn alle Wohnungen, die momentan auf dem Markt sind mindestens 600 Euro Kaltmiete kosten?”, fragte sie. Vielen Geringverdiener wie ihr ist es eben nicht möglich, den gesetzlich definierten Existenzbedarf mit dem Mindestlohn trotz Vollbeschäftigung zu decken.

Die Gespräche mit den Menschen im Erich-Reisch-Haus zu Wohnraum und Wohnungsnot haben Andi Stoch und mir umso mehr gezeigt, dass Wohnen als ein existentielles Recht anerkannt werden muss. Und, dass der Markt alleine eben nicht dieses Problem lösen kann. Denn grundlegend gilt: Je begrenzter etwas ist, desto teurer wird es auf dem Markt. Und da Grund und Boden sowie Wohnungen bei uns rar sind, steigen die Preise immer weiter. Auch wenn auf kommunaler Ebene Flächen vorhanden sind und zum Bau freigegeben werden sollen, werden diese immer noch häufiger Investoren zur Verfügung gestellt. Diese beabsichtigen jedoch so gut wie nie bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Stattdessen wollen sie mit ihren Bauprojekten den höchsten Profit zu machen, wodurch noch mehr für bezahlbaren Wohnraum nutzbare Fläche versiegelt wird. Auch sollten Mietendeckel nur ein Instrument sein, das in Extremsituationen den Preisen einen Dämpfer verpassen.

Lösungsansätze für den Wohnungsmangel:

Für eine tatsächliche Lösung der Probleme von einem Mangel an Wohnraum und der selbst mit einem guten Durchschnittseinkommen nicht bezahlbaren Mieten muss langfristig gedacht. Wie eben beschrieben, hat es der Markt in den letzten Jahre eben nicht geschafft diese Probleme zu lösen. Daher braucht es einen starken Staat, der mit entsprechenden Instrumenten dem Bedarf an Wohnraum nachkommen und weitere Probleme der Organisation und Koordination lösen kann.

Landeswohnungsbaugesellschaft

Eine Landeswohnungsbaugesellschaft, wie sie Andi Stoch und die SPD Baden-Württemberg fordern, kann ein hilfreiches Instrument in Kommunen sein, wo es keine kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften gibt. Das Ziel muss sein mit entsprechenden Förderprogrammen des Landes und Bundes mehrere hunderttausend Wohnungen zu bauen. Kommunale Wohnungsbaugesellschaften agieren bislang häufig nur verwaltend. Wenn ihnen das Kapital zur Verfügung gestellt werden würde, das sonst Investoren bekämen, könnten sie es entsprechend der lokalen Bedürfnisse aufwenden.

Gesetz zum Zweckentfremdungsverbot

Auch das Gesetz zum Zweckentfremdungsverbot sollten Kommune hier entsprechend anwenden, um in örtlichen Wohnraummangel zu bekämpfen. Mit diesem ist es betroffene Städte und Gemeinden möglich eine Genehmigungspflicht einzuführen, wenn Personen Wohnraum als Gewerberäume oder als Ferienwohnungen verwendet wollen. Vor allem Leerstand oder Abriss von Wohnungen müssten einer Genehmigungspflicht unterliegen und Verstöße geahndet werden. Derzeit nutzen viel zu wenige Kommunen noch diese Möglichkeit.

Kommunen und steuerlicher Rahmen gegen Wohnungsnot

Auch der Haltung vieler Vermieter, dass sie lieber Leerstand als Ärger mit einem Mieter in Kauf nehmen, müssen wir entgegenwirken. So können Kommune beispielsweise temporär für den Vermieter einstehen und damit das Risiko tragen, um mit der Zeit das Vertrauen der Mieter in der Region für das Vermieten zu gewinnen.

Ein weiterer Mechanismus kann ein entsprechender steuerlicher Rahmen darstellen. Hierzu könnte beispielsweise die Baulandsteuer oder auch Grundsteuer C beitragen. Sie verhinderte in den 60ern in Deutschland Bodenspekulation und schloss viele Baulücken. Über eine Neueinführung sollten wir im Rahmen einer Reform der Grundsteuer unbedingt diskutieren. Andererseits ist Kapital eben auch nicht das Problem. Es liegt viel Geld in privater Hand und die Menschen suchen Ablagemöglichkeiten. Wohnungsbau können wir durch den entsprechend steuerlichen Rahmen attraktiv machen.

Ein paar abschließende Worte

Ich möchte mich ganz herzlich bei allen Mitwirkenden an diesem Tag bedanken. Allen voran den Mitarbeitenden beim Erich-Reisch-Haus für ihre Arbeit. Bei den derzeit oder ehemals von Wohnungsnot Betroffenen. Bei Andi Stoch für seinen Besuch und seine Beiträge. Und allen weiteren Menschen, die an diesem Tag mitgearbeitet haben.

Video zu Wohnungsmangel, Wohnungsnot und dem Besuch im Erich-Reisch-Haus:

Vielen Dank an Fionn Grosse für das Video!

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