Täglich stehen viele Eltern in Südbaden vor dem Problem: Ein Kind ist krank. Aber wohin? Kinderarztpraxen nehmen wegen Überlastung oft keine neuen Patient*innen auf. Zugezogene sind genauso betroffen wie Familien, die nach einer Praxisschließung plötzlich ohne Versorgung dastehen. Verzweifelte Eltern wenden sich auch an die Politik. SPD-Politiker Jonas Hoffmann hat die Landesregierung gefragt, wie sie die Situation verbessern will. Die Antworten sind ernüchternd.
Zwar hat laut Antwort aus dem Sozialministerium die „medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen (…) oberste Priorität“. Ansätze, wie die kränkelnde kinderärztliche Versorgung wieder nachhaltig gesunden kann, bietet die Landesregierung aus CDU und Grünen aber nicht.
Auf die Frage, was in den Landkreisen Lörrach und Waldshut getan werden muss, nennt das Ministerium abstrakte Ziele: Eine bessere Vernetzung und Patientensteuerung im Gesundheitsbereich wären von Vorteil. Einen Beitrag könnten Primärversorgungszentren oder kommunale Medizinische Versorgungszentren (MVZ) leisten. Zurecht wird kritisiert, dass die Bedarfsplanung veraltet sei, die festlegt, wie viele Ärztinnen sich in einer Region ansiedeln dürfen. Eine Reform ist längst überfällig. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) aus Kassenärzten, Krankenkassen, Krankenhäusern und Zahnärzten lässt aber warten.
Zynisch wird die Antwort der Landesregierung, wo Jonas Hoffmann nachhakt, was verzweifelten Eltern empfohlen und wie die Versorgungslage in den Landkreisen Lörrach und Waldshut bewertet wird: Auf eine Beschreibung der Situation folgt lediglich der Hinweis auf die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung. Gleichzeitig wird vorweggenommen: Diese könne aber nur einzelne Termine und keine dauerhafte Aufnahme in eine Praxis vermitteln. Auch telemedizinische Angebote bieten keine flächendeckende Lösung.
Und anstatt zu bekennen, wie prekär die Versorgung schon ist, erklärt die Landesregierung, dass die nächste kinderärztliche Bereitschaftspraxis für Familien aus dem Landkreis Waldshut in Lörrach, Singen oder Villingen-Schwenningen sei – jeweils rund eine Autostunde entfernt.
Jonas Hoffmann kritisiert: „Es ist kaum zu glauben: CDU und Grüne lassen Familien mit kranken Kindern und Jugendlichen weitestgehend im Stich. Für ein Thema oberster Priorität sind die Maßnahmen der Landesregierung zu klein. Sich für zehn Weiterbildungsstellen zu rühmen, ist zu wenig. Das ist genau die Zahl der Kinderärztinnen, die allein im Landkreis Lörrach in den nächsten fünf Jahren in Rente geht.“
Immerhin eines zeigt die Anfrage von Hoffmann: Seit 2020 erhalten jährlich 1.200 Menschen, die im Ausland als Ärzt*innen ausgebildet wurden, in Baden-Württemberg eine Berufsanerkennung. Das befähigt zur Arbeit als Arzt oder Ärztin. Hoffmann: „Ohne diese medizinische Expertise, die zu uns kommt, wären wir noch viel schlechter dran.“